Freitag, 18. Dezember 2015

Der von hinten hübsche Kollege

In Zeiten von Barbara Salesch und Konsorten wundert ein gewisses Gefälle an auffälligem Benehmen seitens des Publikums in strafrechtlichen Hauptverhandlungen nicht. In den guten alten Zeiten, in denen die Stange des Niveaulimbo noch relativ hoch lag, hätte es Situationen wie etwa Diejenige, dass sich Zuschauer aus dem Publikum melden, weil sie meinen, etwas ganz Wesentliches zur Sache beitragen zu können, nicht gegeben. Mobiltelefone (vulgo: Handies, wobei dieses Wort gerne "Handy´s" - also schön mit Deppenapostroph, geschrieben wird) gab es nicht bzw. außer Telefonieren konnten man damit nichts anfangen.

Nachdem heute fast jeder über mindestens ein Mobiltelefon verfügt, findet sich an den meisten Sitzungssälen der Hinweis, dass diese dort nicht erlaubt bzw. auszuschalten sind. Dadurch soll nicht nur verhindert werden, dass mehr oder minder kreative Klingeltöne die Verhandlung stören, sondern auch, dass während der Verhandlung Bild- und/oder Tonaufnahmen angefertigt werden, was verboten ist, vgl. Nr. 129 Abs. 2 RiStBV.

Vor Kurzem erlebte ich wie ein Zuschauer sein Mobiltelefon auffällig hoch in Richtung der Anklagebank hielt und dachte mir "Der wird doch nicht etwa Filmen?!" Ich hatte den Gedanken kaum zu Ende gedacht, als eine Mitverteidigerin das Gericht darauf aufmerksam machte. Der Vorsitzende unterbrach die Sitzung und begab sich in den Zuschauerraum mit dem Bemerken, der Behauptung gründlich nachzugehen. Es stellte sich heraus, dass der Zuschauer Teile der Einlassungen zweier die Angeklagter, die aus demselben Ort wie er stammten, mitgefilmt hatte. Er sei, so der Kameramann, im Auftrag der Gemeinde Kleinkleckersdorf hier und zudem habe einer der Angeklagten seinem Sohn Unrecht getan. Deshalb filme er. Die Dateien wurden vor Ort durch einen offenbar sachkundigen Gerichtswachtmeister gelöscht, der Zuschauer mit einem Ordnungsgeld bedacht, so dass die betroffenen Angeklagten zumindest nicht gegenwärtigen müssen, demnächst als Hauptdarsteller einer adventlichen Filmvorführung im Gemeindehaus von Kleinkleckersdorf zu fungieren, es sei denn, der Zuschauer, der auch an anderen Hauptverhandlungstagen im Zuschauerraum saß, verfügt noch über weiteres Bild- und Tonmaterial.

Die Verteidiger der Betroffenen nahmen den Zwischenfall übrigens sehr gelassen hin und wollten in die Problematik, ob weiteres Material vorhanden ist, nicht weiter einsteigen. Einer der Kollegen, der mit dem Rücken zum Kameramann saß, stellte indes selbstbewusst fest, auch von hinten gut auszusehen. Wenn sonst nichts stört.

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