Donnerstag, 15. Mai 2014

Zeugentypen. Heute: Frau Lehrerin

Mein Verhältnis zu Lehrern während meiner Schulzeit war häufig von Spannungen geprägt. Kaum war die Grundschule vorbei und mit ihr die Zeit der lieben Klassenlehrerin, begann er, der nahezu tägliche Kleinkrieg mit dem Lehrkörper. Wo heute Mediationsgespräche geführt werden, gab es damals Klassenbucheinträge und Ausschluss vom Unterricht. Man musste vor der Klassentür stehen, wenn man nicht brav war und die Türklinke gedrückt halten, damit die Lehrkraft sehen konnte, dass man auch wirklich vor der Tür stand und sich nicht etwa in den Tischtennisraum oder zum Rauchen aufs Klo verabschiedet hatte. Das war sicher wenig pädagogisch wertvoll, aber man nahm es sportlich, hängte seinen Turnbeutel an die Türklinke, fixierte die Tür gegen Aufgehen mit einem Stuhl und ging seiner Wege. Rasch hatte man raus, dass man nach so einer Stunde vor der Klassentüre in der nächsten Stunde über den Inhalt der vorangegangenen Stunde mündlich geprüft wurde, weshalb man zum Ärger des Lehrkörpers ganz besonders gut anhand der Mitschriften Derjenigen vorbereitet war, mit denen man sich des Öfteren die Klinke in die Hand gab.

Der Zeugentyp der Frau Lehrerin ist konservativ gekleidet und neigt zu hektischen roten Flecken. Zunächst bekundet Frau Lehrerin ganz im Sinne der StPO, nämlich im Zusammenhang. Die Schilderung ist lebendig und man kann die Abläufe vor seinem inneren Auge nachvollziehen. Die Richterbank nickt wohlwollend. Es ist ein bisschen so wie in der Schule, wenn´s gut läuft beim  Frontalunterricht. Frau Lehrerin ist zufrieden mit sich.

Genauso wie in der Schule ist die gute Stimmung vorbei wenn Nachfragen gestellt werden, die als unangenehm empfunden und teils mit Kopfschütteln und Augenrollen bedacht werden. Hier offenbart sich dann, dass der selbstbewusste Vortrag weniger auf tatsächlich Erlebtem als vielmehr auf Schlussfolgerungen fußt. Das, was nicht selbst erlebt wurde, wird ersetzt durch Dasjenige, was entweder logisch oder wünschenswert erscheint. Die Aussage verliert an Bedeutung. Die Empörung ist spürbar. Frau Lehrerin fühlt sich gegängelt und man sieht ihr an, dass sie lieber ohne Verteidiger verhandeln würde. Ich sehe mich schon vor der Tür stehen und überlegen, womit ich wohl den Turnbeutel ersetzen könnte.  

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Mit dem Schönfelder im Leinenbeutel?