Donnerstag, 16. Dezember 2010

Leere Drohung eines Vorsitzenden

Kürzlich bei einem Landgericht, das immer nur von einem Termin zum anderen plant, will sagen, es werden nicht gleich mehrere Termine im Voraus bestimmt, sondern man hangelt sich so von einem Termin zum anderen, was bei vielen Prozessbeteiligten immer einen ganz eigenen Charme hat, weil Kollisionen dann vorprogrammiert sind.

Als ich einige Terminsvorschläge damit kommentierte, dass ich am fraglichen Tag bereits bei einem anderen Gericht verhandele, setzte der Vorsitzende ein besonders bedeutsame Miene auf und meinte zu mir: "Dann müssen wir an Samstagen verhandeln." Sprach´s und sah mich (mit einem gaaaanz dünnen Lächeln) an, als ob er sagen wollte: "Und wenn du nicht lieb bist, versaut dir der Onkel das Wochenende."

Die Drohung mit samstäglichen Terminen ist nun wirklich das stumpfeste Schwert, das man gegenüber einem Strafverteidiger überhaupt auspacken kann. Samstagsverhandlungen sind doch toll - da drohen die wenigsten Kollisionen und - mal ehrlich - ob ich nun Samstag im Büro sitze und Akten bearbeite oder zuhause das Bad putze anstatt zu verhandeln, ist doch nun wirklich egal. Mir jedenfalls. Akten und Bad laufen ja schließlich nicht weg.

Deshalb habe ich dem Vorschlag auch ganz freudig zugestimmt, wohingegen sowohl den Schöffen wie auch dem Urkundsbeamten die Gesichtszüge einfroren. Es schien mir fast, als hätten die samstags was Anderes vor als heimelig beim Landgericht zu verhandeln. Sowas aber auch...?!

Leider wurde dann ein ganz normaler Wochentag bestimmt. Dabei hätte ich es uns allen doch so gegönnt.

4 Kommentare:

RA A.S. hat gesagt…

Aus der gleichen Schublade kam die mir gegenüber kürzlich am AG ausgesprochene Drohung, ab sofort auch nach StPO verhandeln zu können...
Schönes Wochenende! :)

Alan Shore hat gesagt…

Es kann wirklich nur einem Justizbediensteten in den Sinn kommen, daß Arbeit am Sonnabend einen Selbständigen oder Arbeitnehmer schrecken könnte. Es sind wohl allein die Bediensteten in den meisten Verwaltungen, die praktisch nie Samstags arbeiten.

In hessischen Schulen gab es bis 1991 übrigens den Samstagsunterricht. Für junge Lehrer sicher unvorstellbar...

Unsere Kanzlei ist auch samstags geöffnet und gerade dann rege besucht. Gelegentlich zweifeln Richter die an Samstagen unterzeichneten Schriftstücke und Vollmachten an, weil - so die clevere Überlegung - ja nicht sein kann, was für einen Justizbediensteten nicht sein darf.

Anonym hat gesagt…

BGH, NJW 2006, 1206:
Die Ansicht des Berufungsgerichts, es widerspreche allgemeiner Lebenserfahrung, dass ein Rechtsanwalt sich an einem Sonntag in seine Kanzlei begebe und dort die an den Vortagen eingegangene Post studiere, ist nicht nachvollziehbar. Zu Recht weist die Revision darauf hin, dass gerade selbständig tätige Rechtsanwälte oftmals Sonntage nutzen, um zuvor liegen gebliebene Arbeiten zu erledigen. Dies gilt im besonderen Maße für Wochenenden kurz vor einem anstehenden Urlaub - wie im vorliegenden Fall - oder vor besonderen Feiertagen, wie etwa Weihnachten oder Ostern. Wie die Revision zutreffend ausführt, liegt der Auffassung des Berufungsgerichts ersichtlich ein unzutreffendes Bild anwaltlicher Tätigkeit zugrunde.

Anonym hat gesagt…

Soll ja gelegentlich auch vorkommen, dass Richter am Wochenende arbeiten. Von daher ist mir das Anzweifeln von EBs, die von Sonnabenden stammen, bislang noch nicht untergekommen (eher schon EBs bei Versäumnisurteilen, bei denen der Beklagtenvertreter das VU 6 Wochen nach dem Klägervertreter erhalten haben will....)

Das Problem bei Samstagsterminen (die ja das BVerfG zwecks Beschleunigung in Haftsachen meint verordnen zu müssen) ist nicht so sehr, dass die Hauptbeteiligten Gericht, StA und Verteidiger aufmarschieren dürfen, sondern der ganze Rattenschwanz (bildlich):
- Öffentlichkeit: d.h. ein Pförtner
- Vorführdienst mit Transport von der U-Haft zum Gericht, Unterbringung am Gericht, ggf. Verpflegung, damit der Angeklagte nicht in Unterzucker fällt
- in JVA ebenfalls am Wochenende idR dünnere Besetzung,Zusatzaufwand für Überstellung u.a.
Natürlich kann man den Aufwand betreiben. Muss eben nur genügend Personal eingestellt werden (sprich: Steuergelder...).