Dienstag, 31. August 2010

Wer schweigt, erschwert dem Richter die Arbeit

Vereinzelt stößt man auf Entscheidungen, bei denen man sich fragt, ob der erkennende Richter da was falsch verstanden hat mit dem Schweigerecht eines Angeklagten, aus dem man keine negativen Schlüsse ziehen darf.

Ein Richter beim Amtsgericht Tiergarten sah sich jedenfalls gehalten, in den Urteilsgründen festzustellen, dass der "Versuch" des Angeklagten, "dadurch die Aufklärung zu verhindern oder zumindest zu erschweren, dass er sich zur Sache nicht einließ, ... gescheitert ist". Die doppelte Geldbuße kassierte der Betroffene obendrein.

Wie war das doch noch gleich mit dem Schweigerecht? Das Kammergericht (KG Berlin 3 Ws (B) 270/10 - 2 Ss 157/10) hat´s gerichtet und das Urteil aufgehoben. Dem Amtsrichter hat es in seiner lesenswerten Entscheidung mit auf den Weg gegeben, dass das Schweigen elementares Wesensmerkmal eines rechtsstaatlichen Verfahrens ist und keineswegs unlauter oder die Tätigkeit eines Richters unnötig erschwerend.

6 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Eine ganz laienhafte Frage: Wer zahlt die Gerichts- & Anwaltskosten des revidierten Prozesses ?

Kerstin Rueber-Unkelbach LL.M. hat gesagt…

@Anonym: Schauen Sie mal hier: http://www.gesetze-im-internet.de/stpo/__467.html

Anonym hat gesagt…

Ach, das war der spezielle Freund Ihres Kollegen aus Kreuzberg?

Hoffe ich jedenfalls. Also, daß es da nur einen gibt.

Heiner hat gesagt…

Dem Richter kann man eigentlich nur einen Vorwurf machen: er hat sein Urteil ungeschickt begründet. Viele andere Richter verübeln dem Angeklagten ebenfalls, daß er durch sein Schweigen viel Arbeit verursacht hat, lassen ihn das im Strafmaß spüren, sind aber schlau genug, das nicht in den Urteilsgründen niederzulegen.

Überhaupt: ein intelligente und erfahrener Richter kann weitgehend unbelastet von den Zwängen der Prozeßordnungen die Verfahren führen. Revisionsentscheidungen ist immer wieder zu entnehmen: wer redet verliert, wer schweigt, gewinnt. Das gilt nicht nur für dne Angeklagten, sondern gleichermaßen auch für das Gericht. Nur selten für das Schweigen der Urteilsgründe zu einem bestimmen Umstand zur Urteilsaufhebung. Es sind vielmehr zu lange Begründungen und ungeschickte Formulierungen, die eine Entscheidung fehleranfällig machen. Das gilt gerade für Strafzumessungserwägungen. In der Kürze liegt die Würze. Nichtssagende Floskeln lassen die Revisionsgerichte durchgehen, langatmige Ausführungen beinhalten hingegen oft Strafzumessungsfehler.

Anonym hat gesagt…

@Anonym: Schauen Sie mal hier: http://www.gesetze-im-internet.de/stpo/__467.html

Sorry, aber gerade diese Kostenbestimmungen der StPO sind mit unklar.

kj hat gesagt…

Was wäre eigentlich gewesen, wenn der Richter dem Betroffenen seinen Zorn mündlich kundgetan hätte, aber das Urteil anders begründet hätte, so nur mit tat- und schuld angemessen, im unteren Bereich etc ...