Dienstag, 9. März 2010

Steck einen Menschen in eine Uniform...

... und du wirst staunen, wie schnell er sich binnen weniger Sekunden in einen Zeitgenossen verwandeln kann, dem man gelegentlich recht gerne im Dunkeln begegnen würde.

Es mag sein, dass wir in Koblenz verwöhnt sind was freundliche Justizbeamte angeht. Ich höre immer wieder von inhaftierten Mandanten, dass der Umgang "voll korrekt" sei, was sich mit meinen Beobachtungen deckt.

Verlässt man die beschauliche Rhein-Mosel-Stadt hingegen, dann kann es vorkommen, dass man auf Grüngekleidete trifft, die nach Anlegen der Uniform vergessen zu haben scheinen, jemals so etwas wie eine Kinderstube genossen zu haben.

Mein Mandant wurde mit Handfesseln an der Führleine in den Gerichtssaal gebracht und mit einem "Hierhin setzen!" auf seinen Platz verwiesen. Anstelle meines Mandanten sah ich mich zu einem "Bitte" genötigt, was mir einen verständnislosen Blick einbrachte, dann aber, nachdem der Groschen offenbar gefallen war, mit einem bärbeißigen "Danke!" erwidert wurde. Es versteht sich von selbst, dass der Beamte in den Sitzungspausen meinem Mandanten die Handfesseln wieder anlegte. Ich kann nur mutmaßen, dass es ihm ein Dorn im Auge war, dass der Vorsitzende in der längeren Pause vor der Urteilsverkündung meinem Mandanten gestattet hatte, mit seiner Ehefrau zu sprechen. Freilich blieb er in absoluter Hörweite sitzen (mein Mandant war geständig). Das Taschentuch, das mein Mandant während der Verhandlung vollgeschnieft hatte, hatte er an seine Ehefrau weitergereicht, da sie es ebenfalls brauchte. Das ging dann offenbar zu weit und der dienstbeflissene Beamte wollte "den übergebenen Gegenstand sofort sehen". Der durchgeweichte Papierfetzen ward ihm umgehend präsentiert. Nicht, dass dieser Umstand zur nachhaltigen Entspannung seiner Gesichtszüge beigtragen hätte, dafür aber zur nachhaltigen Anspannung meiner Mimik und meiner Nerven.

Ich habe nichts dagegen, wenn öffentlich Bedienstete ihren Vorschriften Folge leisten, aber ich kann es nicht ausstehen, wenn ein Uniformierter es sich herausnimmt, in einer zwar offiziell beanstandungsfreien Form, der aber die Geringschätzung für sein Gegenüber auf die Stirn geschrieben steht, mit einem sichtlich durch den Wind geschossenen Angeklagten so umzugehen, wie dieser es für nötig befand.

Ich habe ihm nicht gesagt, was ich davon halte, denn das hätte im Zweifel nur dazu geführt, dass mein Mandant es ausgebadet hätte. Vielleicht aber haben wir beide Glück und begegnen uns ein zweites Mal. Zunächst aber bin ich froh, wieder in heimischen Gefilden zu sein.

2 Kommentare:

HHH hat gesagt…

hat Ihr gebeutelter Mandant wenigstens ein mildes Urteil mitnehmen können?

Kerstin Rueber-Unkelbach LL.M. hat gesagt…

Fragen Sie mich danach nochmal, wenn die Sache rechtskräftig ist...