Donnerstag, 18. März 2010

Da können Sie ruhig husten - Teil 2

Ich hatte hier schon berichtet, dass die Vorstellungen von Verteidigung und Staatsanwaltschaft in puncto Strafzumessung bisweilen sehr weit auseinander liegen.

Es ging um eine Anklage wegen Einfuhr und Handeltreibens mit harten Betäubungsmitteln. Die nicht geringen Mengen waren jeweils deutlich überschritten. Mein Mandant hatte schon beim Haftrichter ein umfassendes Geständnis abgelegt und Angaben zu den niederländischen Dealern gemacht, bei denen er die Drogen gekauft hatte. Beides Gründe, die trotz der erheblichen Mengen einen minder schweren Fall diskutierbar machten und damit eine Strafrahmenverschiebung von von mindestens 2 Jahren zu 3 Monaten bis fünf Jahren.

Heute war die Hauptverhandlung beim Schöffengericht in M.. Mein Mandant wiederholte sein Geständnis hinsichtlich der Einfuhr, blieb aber wie schon im vorangegangenen Ermittlungsverfahren dabei, dass ein Handeltreiben mit den erworbenen Drogen von ihm nicht in Erwägung gezogen worden war.

Der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft nahm ihm dies nicht ab und gelangte auch nicht dazu, das Vorliegen eines minder schweren Falles zu bejahen. Der Antrag lautete auf 2 Jahre und 6 Monate ohne Bewährung.

Ich beantragte eine Bewährungsstrafe unter Annahme eines minder schweren Falles.

Das Gericht folgte meinem Antrag und verhängte 2 Jahre, ausgesetzt zur Bewährung.

Gehustet hat bei Urteilsverkündung übrigens niemand. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

6 Kommentare:

Dante hat gesagt…

Da bin ich ja froh, dass Anwälten der selbe Fehler unterläuft, der bei mir beinahe mal zur Aufhebung durch den BGH geführt hätte.

§ 31 BtMG erlaubt eine Strafmilderung nach § 49 Abs. 2 StGB. Das heißt die Untergrenze des Strafrahmens sinkt auf einen Monat bzw. Geldstrafe.

Sie gehen offenbar von einer Milderung nach § 49 Abs. 1 StGB aus, wobei mir auch dabei nicht klar ist, wie sie auf drei Monate kommen.

Kerstin Rueber-Unkelbach LL.M. hat gesagt…

@Dante: Der § 31 BtmG wurde NICHT angewendet, sondern im Rahmen der Strafzumessung der diesem zugrunde liegende Rechtsgedanke. Das Gericht ging von einem minder schweren Fall aus, § 30 II BtmG, der einen Strafrahmen von 3 Monaten bis 5 Jahren vorsieht.

Dante hat gesagt…

Ah, verstehe. So macht's Sinn. Hätte ich auch drauf kommen können :-)

Kerstin Rueber-Unkelbach LL.M. hat gesagt…

Kann mir vorstellen, wie Sie drauf kamen: ein Jurist hört was von Angaben über Dealer und schon schrillt die 31er-Sirene. ;-)
Da bislang aber nicht (aktenkundig) gegen die Verkäufer ermittelt wurde, konnte sich auch der für den § 31 BtmG erforderliche Ermittlungserfolg nicht eingestellt haben, weshalb er formal nicht vorlag.

Ein Staatsanwalt hat gesagt…

...wobei 2 Jahre 6 Monate und 2 Jahre auf Bewährung (jedenfalls aus Sicht eines Staatsanwaltes, wenn auch sicherlich nicht aus Sicht eines Angeklagten) nicht gar so meilenweit auseinanderliegen, sondern eigentlich recht nahe beieinander.

(Der Rekord des Auseinanderklaffens zwischen StA- und Verteidigerantrag, an dem ich selbst beteiligt war, liegt jedenfalls bei 6 Jahren Differenz, wobei der Verteidiger außerdem noch eine Bewährung haben wollte. Am tatsächlichen Strafmaß lag ich dann doch eine Spur näher als er.)

Kerstin Rueber-Unkelbach LL.M. hat gesagt…

@Staatsanwalt: Interessante Sichtweise, die man aber einem Angeklagten kaum wird vermitteln können, ohne dass er darüber nachdenkt, eine Straftat zulasten des Verteidigers zu begehen. ;-) Für ihn bedeuten 2/6 nun mal mindestens 20 Monate gefilterte Luft. Mein diesjähriger Rekord liegt übrigens bei Freispruch ./. 8/6 (leider noch nicht rechtskräftig).