Mittwoch, 5. August 2009

Über Mutterliebe und den ÖPNV

Ein in der JVA einsitzender noch junger Mandant bat mich, seine Mutter anzurufen und in Erfahrung zu bringen, weshalb diese ihm weder schreibt noch ihn besucht.
Ich hinterließ eine Nachricht auf dem Anrufbeantworter der Dame - kein Rückruf. Rief die Oma an mit der Bitte, diese möge der Mutter Bescheid geben, dass sie sich mit mir in Verbindung setzt. Wochenlang geschieht nichts.

Eben rief sie an und teilte mit, dass sie ihrem Sohn schon zweimal geschrieben habe, aber die Post immer zurück gekommen sei. Ich frage nach der Adresse und kläre sie auf, dass ihr Sohn nicht in A-Stadt, sondern in B-Stadt einsitzt. B-Stadt und der Wohnort der Mutter liegen 15 Kilometer voneinander entfernt, so dass ich mir die Frage erlaube, ob sie ihn nicht mal besuchen wolle. Sie habe kein Auto, war die Antwort. Aha. Und Busfahren? Da sei sie nicht so dafür. Nochmal aha. Ich kenne Mütter (inklusive meiner eigenen), die notfalls die 15 Kilometer zu Fuß gehen würden um ihr Kind zu sehen. Ich hoffe, dass die Zahl derjenigen Mütter (und Väter), die zumindest die Unbillen des ÖPNV auf sich zu nehmen bereit sind, die Zahl derer übersteigt, deren Ding das nicht ist.

2 Kommentare:

VRiLG hat gesagt…

Haben Sie in Betracht gezogen, dass die Mutter intellektuell nicht in der Lage sein könnte, den Beförderungsmittel, Linien, Umsteigehaltestellen und Fahrpläne von Wohnung zu JVA herauszufinden? Solche soziale Inkompetent ist m.E. viel weiter verbreitet als sich Akademiker das vorstellen.

Kerstin Rueber-Unkelbach LL.M. hat gesagt…

Ja, habe ich. Einmal umsteigen müsste sie schon wenn sie nicht die letzten 300 Meter zu Fuß laufen wollte. Ich habe daneben in Betracht gezogen, dass es auch ganz einfach strukturierten Menschen gelingt, erstaunliche Dinge zu vollbringen, etwa indem sie jemanden fragen, der Fahrpläne lesen kann.