Dienstag, 2. Juni 2009

Man lügt nicht bei der Polizei

Mein betagter Mandant ist ein Gentleman. Stets pünktlich und zuverlässig und zwar nicht nur wenn es um Termine, sondern auch wenn es um Zahlungen geht, daneben zuvorkommend und charmant.

Ihm wird ein Verkehrsdelikt vorgeworfen und er hat eine Vorladung der örtlichen Polizeidienststelle erhalten, der er Folge leisten möchte. Ich rate hiervon ab und erkläre ihm, dass es besser ist, wenn wir zunächst mal wissen, was in der Akte steht bevor wir uns ggf. dazu äussern. In diesem Zusammenhang erkläre ich ihm seine Rechte, die er als Beschuldigter im Strafverfahren hat. Er müsse gar nichts sagen und wenn er etwas sage, müsse dies nicht der Wahrheit entsprechen. Ich setze gerade an, ihm diese schlagwortartige Belehrung näher zu erläutern als er mich empört unterbricht: "Junge Frau, man lügt nicht! Auch nicht bei der Polizei! Mit der Wahrheit bin ich noch immer am besten gefahren."

Ich sehe ein, es hat keinen Zweck, zu diskutieren. Der Mandant hat seine eigene Meinung, die ja auch irgendwo lobenswert ist, und wird davon nicht abweichen. Wir verbleiben so, dass er den Vernehmungstermin nicht wahrnimmt, wir die Akte abwarten und dann entscheiden wie es weitergehen soll.

Das war vor ein paar Wochen.

Heute ruft er mich an und gesteht: er sei zwischenzeitlich doch bei der Vernehmung gewesen. Man habe seinen Führerschein gleich dabehalten. Ich muss an seine Worte denken, die mit dem Fahren und der Wahrheit (s.o.) und verkneife mir nur mühsam die Bemerkung, dass mit dem Fahren wohl erstmal Schluss ist.

4 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Tja, als junger Anwalt - pardon, Anwältin, natürlich - muß man das abkönnen :)

Aber er scheint ja ein wirklich charmanter Mensch zu sein.

Kerstin Rueber-Unkelbach LL.M. hat gesagt…

Ich darf Ihnen versichern: man muss noch viel mehr abkönnen.

Examen2009 hat gesagt…

Wie hat uns RA Schallert in seiner Vorlesung "Strafverteidigung" immer wieder so schön gesagt: Man muss den Mandanten in gewisser Weise kontrollieren können, dass er nur das vorher Besprochene tut;
falls dies dann doch nicht gelingt, bloß nichts anmerken lassen und drüberstehen, auch wenn es in einem brodelt.

Kerstin Rueber-Unkelbach LL.M. hat gesagt…

@Examen2009: Weiter ist wichtig, dass man gewisse Ratschläge immer auch in geschriebene Worte fasst. Das lediglich gesprochene Wort wird im Nachhinein manchmal nicht erinnert.